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Schwimmen

Die Masters-WM 2023 in Fukuoka

25.09.2023

Nachdem die für Japan avisierte WM im Jahr 2021 coronabedingt ausgefallen war, wurde sie in diesem Jahr endlich nachgeholt. Leider war der Termin im August (5.-11.) etwas ungünstig, ist es doch ausgerechnet der heißeste Monat in Japan mit Tagestemperaturen um die 35 Grad. Davon ließen sich jedoch fünf Neuköllner Masters nicht abschrecken und traten die weite Reise nach Japan an, um sich im Schwimmbecken mit dem Rest der Welt zu messen.

Während Wolfgang Haack schon am 2. August, also zwei Tage vor der Eröffnungsfeier, in Fukuoka anreiste, sammelten die restlichen vier, nämlich Brigitte und Florian Merten, Angelika Radau und Andrea Kunkel erste Japan-Eindrücke in Tokio. Der Superschnellzug Shinkansen brachte uns dann rechtzeitig zur Eröffnungsfeier nach Fukuoka. Wolfgang hatte inzwischen die Trainingszeiten im Hauptpool Marine Messe genutzt und verkündete: angenehme Wassertemperatur, guter Grip, also beste Voraussetzungen für gute Leistungen. Schon bei der Eröffnungsfeier wurde ersichtlich, dass die asiatischen Sportlerinnen und Sportler deutlich in der Überzahl waren. Aus Deutschland waren diesmal weitaus weniger Masters angereist als bei den vorangegangenen Weltmeisterschaften. Man freute sich, wenn man mal ein bekanntes Gesicht sah.

Nach der WM im koreanischen Gwangju vor vier Jahren, die perfekt organisiert war, erwarteten wir hier ähnliches. Doch die erste Enttäuschung wartete bereits vor der Halle. Dort sind normalerweise die Merchandising-Stände aufgebaut, die insbesondere die Veranstaltungsartikel verkaufen, also T-Shirts, Schwimmkappen, Handtücher, Maskottchen etc. Die Stände gab es zwar, aber leider war bereits alles ausverkauft, dabei hatte die WM der Masters noch nicht einmal begonnen. Man traf nur auf freundliche japanische Verkäufer, die den Zustand zwar sehr bedauerten, aber nicht sagen konnten, ob noch einmal eine Lieferung eintreffen würde.

Die Eröffnungsfeier wurde in der Schwimmhalle abgehalten und bestand lediglich aus Reden diverser Verantwortlicher. Auch das hat man schon besser erlebt. Als dann das Gerücht umging, unten in der Halle würden Veranstaltungsartikel verlost werden, begaben sich Florian und Andrea nach unten. Letztendlich wurden dort Schwimmkappen mit Veranstaltungslogo verteilt und da es diese nicht mehr zu kaufen gab, war der Andrang entsprechend groß. Die beiden stürzten sich todesmutig ins Getümmel und konnten wenigstens jeder zwei Kappen ergattern, so dass sie Angelika und Gitti vor dem Gedränge verschonen konnten. Natürlich haben die Kappen nicht mehr für alle gereicht und bis zum Ende der WM gab es auch keine mehr zu kaufen. Das war ein deutlicher Minuspunkt für die Veranstaltung, denn Masters sind normalerweise sehr kauffreudig. Da fragt man sich schon, warum man dort an einem an einem so guten Geschäft nicht interessiert war.

Die Wettkämpfe wurden in zwei Becken ausgetragen, einmal in der Marine Messe (dort ging vorher auch die Elite an den Start) und im Nishi Civic Pool. Die Damen begannen in der Marine Messe und die Herren im Nishi Pool, am nächsten Tag war es umgekehrt. So wechselte es jeden Tag. Leider lagen die beiden Pools sehr weit auseinander, so dass man bei den Wettkämpfen des anderen Geschlechts nicht zuschauen konnte, auch wenn man an dem Tag seinen Wettkampf schon beendet hatte. Der Fahrweg vom einen Pool zum nächsten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln dauerte dafür einfach zu lange. Nachteil beim Nishi Pool war auch, dass es nur ein 25m-Becken zum Ein- und Ausschwimmen gab, während in der Marine Messe ein 50m-Becken zur Verfügung stand. Dafür waren in der Marine Messe weite Wege zurückzulegen, gefühlt irrte man hier durch lauter schlauchartige Gänge, fand sich nacheinander in zwei Call Rooms wieder, ehe man dann endlich das Wettkampfbecken erreichte. Leider gab es keinerlei Bildschirme, die den Fortschritt des Wettkampfes anzeigten. Da war man in den Katakomben der Marine Messe entweder auf das Handy angewiesen oder man lungerte in der Nähe des Call Rooms herum und wartete darauf, dass das handgeschriebene (!!!) Schild mit der Laufnummer, die in den Call Room gerufen wurde, hochgehalten wurde. Das wirkte in einem hochtechnisierten Land sehr dilettantisch und nicht WM-tauglich. Am Nishi Pool war es übersichtlicher und die Wege deutlich kürzer. Da dieser normalerweise ein öffentliches Bad ist, schmunzelten wir etwas über das Schild mit den Poolregeln. Dort stand z. B., dass man alle Tattoos mit Schwimmbekleidung oder Tapes abdecken muss. Andere Länder, andere Sitten!

Doch nun zum sportlichen Teil: Am zweiten Wettkampftag wurde es für die Neuköllner Masters ernst, wir gingen alle an den Start. Die drei Ladies über die 100m Freistil, Andrea zusätzlich noch über die 100m Brust, die beiden Gentleman über 100m Brust. Die Damen schwammen im Nishi Pool, die Herren in der Marine Messe. Angelika machte über 100m Freistil den Anfang. Nach vierjähriger Wettkampfpause erstmals wieder am Start, verschätzte sie sich leider bei der Rollwende und kam nicht an die Wand. Geistesgegenwärtig schwamm sie zurück, um nicht disqualifiziert zu werden. Auf der zweiten Bahn startete sie eine furiose Aufholjagd und konnte tatsächlich noch einige Gegnerinnen wieder einholen. Schade, ohne dieses Missgeschick hätte sie mit einer guten Zeit sicher den Lauf gewonnen.

Im nächsten Lauf startete Gitti. Gehandicapt durch eine Handverletzung war dieser Start der Wegweiser für den weiteren Wettkampfverlauf. Gitti meisterte die Aufgabe bravourös und erschwamm sich den Bronzerang. Die erste Medaille war gesichert. Für Andrea lief es ebenfalls gut, sie konnte ihre Zeit von Dresden noch um ein paar Zehntel verbessern und schaffte es als 10. noch in die Urkundenränge. Auch über die 100m Brust lief es gut für sie, eine Sekunde schneller als in Dresden und Platz 14 sprangen am Ende dabei heraus. Bei den Herren machte Wolfgang über 100m Brust den Anfang. Mit Saisonbestzeit holte er sich den 8. Platz und freute sich sehr über seine Urkunde. Florian erzielte ebenfalls eine gute Zeit und gewann seinen Lauf, dies bedeutete in einem stark besetzten Feld Platz 30 für ihn. Fazit: Wettkampfstart gelungen und auch im Nishi Pool schwimmt man gute Zeiten.

Auf dem Rückweg besichtigten die Damen noch den Kushida Schrein, eine sehenswerte Tempelanlage an der gleichnamigen U-Bahnstation auf dem Weg zum Hotel. Ein bisschen Kultur muss sein und geistliche Unterstützung kann man immer gebrauchen.  Am nächsten Tag machten sich Gitti und Andrea, unterstützt von Angelika auf den Weg in die Marine Messe. Gitti musste schweren Herzens auf die 400m Lagen verzichten, diese lange Strecke war mit der Verletzung leider nicht machbar. Dafür gab sie über 50m Schmetterling alles und schwamm einen souveränen Start-Ziel-Sieg nach Hause. Hurra, da war sie, die erste Goldmedaille! Andrea ging über die 200m Freistil an den Start. Irgendwie läuft es dieses Jahr auf dieser Strecke nicht gut für sie, das setzte sich hier leider fort. Mäßige Zeit, aber immerhin noch Platz 11 geschafft. Das war dann doch mehr, als sie erwartet hatte. Am nächsten Morgen zog Florian als einsamer Wolf in die Marine Messe, Wolfgang hatte schwimmfrei. Für ihn standen die 50m Freistil an. Sein Ziel unter 29 zu schwimmen, verfehlte er leider um ein paar Hundertstel, aber bei der Staffel bietet sich ja noch eine Chance.  Die Damen mussten wieder zum Nishi Pool und Gitti begann mit den 200m Lagen. Auch hier schwamm sie wieder ein souveränes Rennen, ließ ihren Gegnerinnen nicht die Spur einer Chance und holte sich die nächste Goldmedaille. Das gab ihr noch einmal Auftrieb für die 100m Schmetterling, die danach noch anstanden. Hier zeigte sie allen, was ein deutlicher Vorsprung ist. Sie kam fast 17 Sekunden vor der Zweitplatzierten ins Ziel, das ist doch mal eine Ansage! Den Championship Record gab es als Sahnehäubchen zur Goldmedaille noch obendrauf. Damit konnte sich Gittis Wettkampfbilanz wieder einmal sehen lassen: 3x Gold und 1x Bronze, Superleistung!

Am nächsten Tag stand der Staffeltag auf dem Programm. Mangels Masse waren bei uns nur Mixed-Staffeln in der AK 200 möglich, zur AK 240 fehlten uns leider drei Jahre. So war schon klar, dass unser Startmotto hier lautete: Dabeisein ist alles und der Teamgeist zählt! So absolvierten wir die 4x50m Freistil mixed. Dabei gelang es Florian, unter 29 Sekunden zu bleiben und auch Andrea freute sich über die beste Staffelzeit der Saison über diese Strecke. Endzeit und Platzierung waren dann Nebensache. Die 4x50m Lagen mixed stellten wir vor Ort noch einmal komplett um. Wolfgang war an einer Rückenzeit interessiert, Florians Angangszeit über 100m Brust ließ eine verheißungsvolle 50m-Zeit erwarten und Gitti bat aufgrund ihrer Verletzung, aus der Staffel genommen zu werden. So sprang Angelika auf der Kraulstrecke für sie ein. Nur Andrea blieb auf der Schmetterlingsstrecke gesetzt. Wie erwartet hatten wir auch in dieser Staffel nicht viel zu melden, Spaß gemacht hat es trotzdem.

Beim Fototermin nach dem Rennen alberten wir noch mit der japanischen Staffel, die neben uns geschwommen war, herum und hatten viel zu lachen. Florian kam noch zu einem deutsch-japanischen Badekappentausch. Das sind die Momente, die bei einer WM richtig Spaß machen. Auch Andrea konnte noch eine SG Neukölln Schwimmkappe gegen ein T-Shirt eines US-amerikanischen Mastersteams eintauschen. Eine Neukölln-Kappe ist also demnächst in einem Pool in Los Angeles unterwegs.

An den beiden Folgetagen war nur noch Wolfgang am Start, er hatte noch die 50m und 200m Brust zu absolvieren. Bei beiden Strecken erreichte er den 11. Platz, zum 10. Platz (letzter Urkundenrang) fehlten auf beiden Strecken nur wenige Hundertstel, schade! Aber er war mit seinen Zeiten dennoch zufrieden.

Während Wolfgang nach dem Wettkampf alsbald die Heimreise antrat, begann für Andrea, Angelika, Gitti und Florian der touristische Teil. Zweieinhalb Wochen hatten wir für die Rückreise nach Tokio Zeit, die wir zuerst mit dem Zug und später mit einem Mietwagen absolvierten. Dabei ließen wir kein touristisches Highlight aus: Hiroshima und die vorgelagerte Schreininsel Miyajima, Okayama mit seiner schwarzen Burg, Himeji mit seiner weißen Burg. Wir wandelten durch 1000 rote Tore in Kyoto, streichelten zahme Hirsche in Nara, besichtigten viele Tempel und sahen sogar den Berg Fuji ohne Wolken. Dazwischen gönnten wir uns einen Besuch im Freizeitpark mit Harry Potter, den Minions, Spiderman und dem weißen Hai auf Japanisch, genossen zwei Tage Strandurlaub bei 29 Grad warmen Wasser und trotzten einem Taifun, ehe wir wieder Tokio erreichten, wo es auch noch viel zu entdecken gab.

Wir fanden ein schönes und vielfältiges Land vor, mit freundlichen und sehr disziplinierten Menschen. Fasziniert hat uns die Sauberkeit, nirgends liegt Müll herum, obwohl es im öffentlichen Straßenland und auf Bahnhöfen keinerlei Abfalleimer gibt. Die Züge sind immer pünktlich und bis zu 300 km/h schnell. Wir haben die vielfältige Küche Japans kennengelernt, auch wenn bei mancher Speisekarte die Schriftzeichen-Übersetzungshilfe im Handy zu Rate gezogen werden musste. Stäbchenprofis waren wir ja schon seit Korea. Dank der WM haben wir wieder einmal ein faszinierendes Land kennengelernt, das im Normalfall nicht unbedingt auf unserer Liste gestanden hätte. Vielen Dank auch nochmal an die Schwimmwarte für die beiden Sätze T-Shirts, die uns bei der WM ein einheitliches Auftreten ermöglichten.

Andrea Kunkel

Ergebnisse

Brigitte Merten AK 75    
100 m Freistil 3. Platz 1:27,48 min  
50m Schmetterling 1. Platz 0:44,24 min  
200m Lagen 1. Platz 3:36,57 min  
100m Schmetterling 1. Platz 1:43,88 min CR
       
Angelika Radau  AK 75    
100m Freistil 14. Platz 1:52,12 min  
       
Andrea Kunkel AK 55    
100 m Freistil 10. Platz 1:14,47 min  
100m Brust 14. Platz 1:39,72 min  
200m Freistil 11. Platz 2:47,60 min  
       
Wolfgang Haack AK 60    
100m Brust 8. Platz 1:24,44 min  
200m Brust 11. Platz 3:12,17 min  
50m Brust 11. Platz 0:36,89 min  
       
Florian Merten AK 40    
100m Brust 30. Platz 1:21,50 min  
50m Freistil 62. Platz 0:29,08 min  
       
4x 50m Freistil mixed AK 200 21. Platz 2:13,88 min
Wolfgang Haack      
Andrea Kunkel      
Brigitte Merten      
Florian Merten      
       
4x 50m Lagen mixed AK 200 36. Platz 2:40,76 min
Wolfgang Haack      
Florian Merten      
Andrea Kunkel      
Angelika Radau      

 

 

 

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